T-54/55 rollen an die Front – so tödlich kann Putins Panzer-Oldie sein (2024)

T-54/55 rollen an die Front – so tödlich kann Putins Panzer-Oldie sein (1)

von Gernot Kramper

4 Min.

Putin schickt Panzer in die Ukraine, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurden. Gegen moderne Kampfpanzer können sie im Bewegungsgefecht nicht antreten. Doch in anderen Rollen können sie nützlich sein.

Auf einem Zug wurden Panzer vom Typ T-55 beobachtet, auf der Fahrt in die Ukraine. Nicht zum ersten Mal. Schon im vergangenen Sommer wurden T-55 bei den Truppen der selbsternannten Separatisten-Republiken beobachtet.

Nun ist es nicht neu, dass altes Gerät in der Ukraine benutzt wird. Aber der T-54/55 sticht als Methusalem unter den anderen Oldies hervor. Der Panzer ist eine Entwicklung der Nachkriegszeit. Um das zeitlich einzuordnen: Vom deutschen Leopard 2 kann man sagen, dass er trotz jeder Menge Modernisierungsschminke doch eine betagte Dame ist. Gebaut wurde der Leopard 2 seit 1978. Sein Vorgänger, Leopard 1, wurde ab 1965 gebaut. Der T-55 wurde 1958 vorgestellt, doch es handelt sich um eine Weiterentwicklung des T-54 und der lief schon 1947 vom Band. Und nicht nur das Geburtsdatum ist entscheidend. Zentral ist auch, ab welchem Zeitpunkt es keine Modernisierung mehr gab. Und auch hier liegen Welten zwischen dem T-55 und dem deutschen Leopard 1.

Entwickelt nach dem Zweiten Weltkrieg

Mit 36 Tonnen würde der T-55 heute eher als "leichter" Kampfpanzer gelten, da das Triebwerk aber nur 560 PS leistet, ist er nicht übertrieben sportlich motorisiert. Seine Kanone im Kaliber 100 Millimeter kann einem modernen Kampfpanzer in einem offenen Gefecht kaum gefährlich werden. Sie kann eine moderne Kompositpanzerung an der Front nicht penetrieren. Die Besatzung besteht aus vier Personen. Der T-55 hat noch keinen Autolader, so wie die späteren T-Modelle. Immerhin ist seine Kampfwagenkanone voll stabilisiert.

Zu den Vorzügen des Oldtimers gehören eine verlässliche Technik, das meiste, was einen modernen Kampfpanzer ausmacht, hat der T-55 gar nicht an Bord. Es kann also auch nicht kaputtgehen. Die Geschwindigkeit im Gelände (25 km/h) und auf der Straße (50 km/h) ist nicht überragend, aber auch nicht schlecht. Die Stahlpanzerung des T-55 bietet wenig bis keinen Schutz gegen moderne Kampfwagenkanonen oder Lenkwaffen. Aber sie bewahrt die Besatzung vor Splittern, Maschinen- oder Sturmgewehrfeuer.

Panzerbau

Fotostrecke- die fliegende Panzertürme in der Ukraine - 8 Bilder

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Nicht nur die T-Panzer verlieren den Turm bei Explosionen im Inneren.

Als Duellpanzer ungeeignet

Das hört sich alles extrem schlecht an, was also soll so ein Panzer? Als Duellpanzer gegen moderne Typen kann man den T-55 kaum einsetzen, doch es gibt andere Rollen für ihn. Tatsächlich kommt es in der Ukraine bislang nicht zu echten Bewegungsgefechten von Panzergruppen. Man sieht, dass ein Panzer in Lauerstellung gepanzerte Fahrzeuge des Gegners auf dem Marsch unter Feuer nimmt. Doch meist unterstützen Panzer die Infanterie. Entweder direkt oder in der Rolle als fahrbare Artillerie mit geringer Reichweite. Und die Funktion eines einfachen Sturmgeschützes kann ein T-55 auch heute noch übernehmen. Sein Schutz mag unzureichend sein, aber Soldaten die gezogene Haubitzen, wie die M777, oder einen Mörser bedienen, arbeiten im Freien und haben überhaupt keinen Schutz. Nebenbei bemerkt gehen alle leichten Infanterie-Mörser, die heute benutzt werden, auf die Konstruktion des Stokes-Mörsers zurück. Und der stammt sogar aus dem Jahr 1915. Die Ukraine benutzt auch altertümlicheSchützenpanzer und Transporter. Etwa den kastenförmigen M-113 aus den USA. Das Kettenfahrzeug besitzt eine gewisse Geländegängigkeit, doch Schutz bietet es praktisch nicht. Selbst ein schweres Gewehr durchschlägt die Panzerung.

Rolle als Sturmgeschütz

Der Einsatz der T-55 kann durchaus Sinn machen. Typisch für die Kämpfe in urbanen Räumen ist es, dass Stellungen des Gegners in Gebäuden und Hochhäusern mit schweren Waffen unter Feuer genommen werden, etwa dann, wenn ein Scharfschütze entdeckt worden ist. Panzer und der T-55 im Besonderen können die Kanone nicht auf hochgelegene Ziele richten. Darumwerden hierfür alte Flakpanzer mit ihren Zwillingsmaschinenkanonen benutzt.

Auch sieht man immer wieder, wie Panzer den Truppen indirekte Feuerunterstützung geben. Auch hier würde der T-55 einem modernen Modell kaum nachstehen. Mit aufgesessenen Soldaten kann man ihn zum Transport der Infanterie benutzen. Wird der Panzer in einer gedeckten Stellung eingegraben, wirkt sich die unzureichende Panzerung weniger aus.

Bedrohungen für alle Panzer

Dazu ist der moderne Krieg, wie man ihn in der Ukraine sieht, ein großer Gleichmacher geworden. Viele Bedrohungen sind für Panzer so tödlich, dass die enormen Qualitätsunterschiede zwischen den einzelnen Panzertypen nicht so ins Gewicht fallen, wie man erwarten könnte. Wenn ein Panzer von einer Drohne entdeckt wird und dann gezielt angegriffen wird, hat er wenig Chancen. Ganz egal, ob er mit konventioneller Artillerie beschossen wird, oder ob er einen direkten Treffer von smarter Munition oder einer Kamikazedrohne auf die schwach geschützte Oberseite erhält. Fährt ein Panzer auf eine schwere Panzermine, wird er liegenbleiben. Ob es sich nun um einen T-90, einen Challenger oder einen Uraltpanzer handelt. Im Zeitalter der Drohnen ist er dann ein leichtes Ziel. Auch moderne Lenkwaffen werden jedem Panzer gefährlich. Bei den neuesten Panzern sollten die Schützen nur nicht versuchen, die Front zu durchschlagen.

Verlust des Materials - Verlust der Besatzung

Gleichmacher bedeutet, dass beschädigte und liegengebliebene Panzer in Zeiten der Drohnenbeobachtung vermutlich komplett zerstört werden. Das sagt aber nichts über das Schicksal der Besatzung aus. Und die hat in moderneren und insbesondere westlichen Panzern eine viel bessere Chance mit dem Leben davonzukommen. Die alten T-54/55 können nicht nur von ebenso alten RPGs geknackt werden, kommt es zu einem Durchschlag im Kampfraum, brennt der Panzer schnell aus. Sicherheitsfeatures, die das Leben der Besatzung schützen, sind nicht vorhanden. Gerät ein moderner Panzer innen in Brand, wird er in der Regel explodieren – aber eben nicht unmittelbar nach dem Treffer. Für die Besatzung ist ein Einsatz mit dem T-54/55 also mehr als riskant. Doch wie oben erwähnt, einzig ist das nicht. Die Chancen in einem M-113 stehen ebenfalls schlecht.

Enorme Verluste

Natürlich reagiert Moskau mit dem Einsatz der Oldtimer auf die Verluste des Krieges. Über 1800 Kampfpanzer soll Russland bislang verloren haben. Ohne diese Verluste würde niemand diese alten Panzer einsetzen. Das heißt aber nicht, dass Moskau keine besseren Modelle mehr hat. Anzunehmen ist eher, dass diese Altpanzer die weitere Abnutzung in dem weitgehend statischen Kampfgeschehen tragen und so die besseren Modelle geschont werden sollen.Geeignet ist er vor allem für eine defensive Rolle. Nach dem Motto "Besser ein alter Panzer, als gar nichts" könnte er auch die rückwärtigen Linien in einem tiefgestaffelten Verteidigungssystem schützen.

Die westlichen Panzer, die der Ukraine geliefert werden sollen, sind dem T-54/55 alle weit überlegen. Doch besagt dies nicht, dass sie in Kämpfen, wie man sie im Donbass sieht, unverwundbar sind. Und auch wenn man nicht weiß, wie viele T-54/55 flottgemacht werden können, wird die Zahl gigantisch sein. Die UdSSR hat über 60.000 Stück davon gebaut.

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  • Kampfpanzer
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